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Altersvorsorge neu gedacht

Welches Alter wollen Sie sich leisten?

Verfasst von Kip Sloane

Wenn BILD und der SPIEGEL dasselbe Thema innerhalb von vier Wochen als Aufmacher nehmen – dann dürfen wir wohl von einem gesellschaftlichen Diskurs sprechen. Ordnen Sie gerne die Titel zu:
Reicht mein Geld im Alter? Die Angst im Ruhestand finanziell verloren zu sein, erreicht die Mitte der Gesellschaft. Pflegeheim dreimal so teuer wie die Rente! Ruhestand wird zum Luxus
Ein Teil von mir freut sich darüber, dass mein Herzensthema endlich auch den gesellschaftlichen Stellenwert bekommt, den es verdient, es überwiegt aber die Verwunderung darüber, wie deutsch eine Diskussion geführt werden kann. Deshalb würde ich diese Diskussion gerne drehen und positiver besetzen: Welches Alter wollen Sie sich leisten?

In diesem Beitrag:

• Altersvorsorge im Fokus – Ein überfälliger Diskurs

• Einblick in ein Haushaltsvermögen eines Durchschnittshaushaltes

• Altern mit Plan – Welche Lebensmodelle gibt es?

• Fazit: Warum Lebensqualität im Alter wichtiger ist als finanzielle Ängste

Altersvorsorge im Fokus – Ein überfälliger Diskurs

Ja, es ist korrekt recherchiert, dass wir in Deutschland sehenden Auges in eine demografische Generationsherausforderung laufen, die für breite Teile der Bevölkerung finanzielle und für manche auch existentielle Herausforderungen mit sich bringen wird. Die Gründe hierfür sind genauso mannigfaltig wie altbekannt und müssen als Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung im Sinne unseres Sozial- und Solidarsystems gelöst werden. Werden sie auch. Werden sie auch heute schon – manchmal mehr schlecht als recht, aber jeder Mensch hat in Deutschland die Möglichkeit, pflegerisch versorgt zu werden – unabhängig vom Einkommen.

Was einkommensabhängig ist und was immer einkommensabhängig sein wird und sein muss, ist die Frage, wie versorgt wird und welchen Einfluss man auf die Versorgung nehmen kann. Genau hier treiben mich die Diskussionen in den Wahnsinn. Wir haben keinen Armutsautomatismus Alter in Deutschland. Altern ist auch nicht die Phase der Existenzängste und klammen Haushaltskassen. Gerne wird das aber suggeriert. Warum? Zumal diese Suggestionen eins verhindern – eine offene Diskussion.

Zugegebenermaßen diskutieren wir Deutsche nicht gerne über unser Geld. Es ist primär Grund für Neid und sollte gut verborgen werden. Werfen wir doch einmal einen objektiven Blick auf die Generation der heute Älterwerdenden, denen selbst der SPIEGEL attestiert, dass es ihnen so gut geht wie keiner Generation vorher und nachher.

Mit einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 2.900 Euro werden Ehepaare im Bundesdurchschnitt abgebildet. Hierbei sind weitere Vermögenswerte nicht einberechnet. Für mich ergibt sich vor allem für das obere Einkommensdrittel eine spannendere Frage – Welches Leben im Alter möchten Sie sich leisten? Das obere Einkommensdrittel sind pensionierte Lehrer, leitende Verwaltungs- und Behördenangestellte, Beamte aus Bundes- und Landesinstitutionen, Unternehmerinnen und Unternehmer, Handwerkermeister, Ärzte, Anwälte, Künstler und eine Vielzahl von weiteren bunten Lebensläufen, die in ihrem Leben einfacher gelebt und viel gearbeitet haben.

Diese Menschen sehen sich selbst als Mittelstand, einige als gehobener Mittelstand, die meisten als solider Mittelstand. Viele dieser Menschen sind eigentlich Vermögensmillionäre. Würden sich das selbst aber nie eingestehen.

Warum nicht? Weil es sich anders anfühlt.

Einblick in ein Haushaltsvermögen eines Durchschnittshaushaltes:

  • Regelaltersrente bzw. Pension
    2.900 Euro für beide Ehepartner
  • Betriebliche Altersvorsorge
    750 Euro
  • Vermögen
    250.000 Euro Tagesgeldkonten
    350.000 Euro Einfamilienhaus
    150.000 Euro Eigentumswohnung
  • Alter
    72 Jahre (Er: 71 Jahre, Sie: 73 Jahre)

Überspitzt betrachtet können beide heute davon ausgehen, 85 Jahre alt zu werden. Bis dahin entsteht verfügbares Einkommen von 560.000 Euro. Zuzüglich der harten Vermögenswerte hat dieses normale Ehepaar aus der oberen Mittelschicht ein verfügbares Vermögen von 1,3 Mio. Euro.

Lassen Sie das bitte einmal kurz sacken. Jemand aus diesem willkürlich skizzierten Menschenkreis, den wir als obere Mittelschicht bezeichnen würden und in die immer noch gut 1/3 der Rentner fallen, ist Vermögenspotenzial-Millionär. Die Diskussion, die geführt wird, ist aber, ob es sein kann, dass nach Jahrzehnten harter Arbeit das Haus verkauft werden muss, um sich die Pflege leisten zu können.

Warum begegnen Sie dieser Frage nicht wie allen Fragen, die wir uns im Leben stellen müssen? Mit welchem Anspruch möchte ich Altern? Warum hält sich die Legende vom Altern im eigenen Haus so hartnäckig? Was macht es attraktiv auf 200 m² Wohnfläche und 1.000 m² Garten einsam älter zu werden und sich konstant über die Treppen, den Reinigungsaufwand, die Hecke, die Maulwurfshügel und das Unkraut zu ärgern?

Wieso endet der Satz – das habe ich mir mein Leben lang erarbeitet, immer mit vollen Taschen und Bankkonten und einem Bein im Sarg? Ist es nicht an der Zeit eine Diskussion darüber zu führen, welchen Anspruch man im Leben möglich erhalten möchte und wie man Ausgaben und verfügbares Einkommen strukturieren sollte, um genau diese eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu sichern?

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Diese Diskussion treibt mir wahlweise die Tränen in die Augen oder den Puls in die Höhe.
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Altern mit Plan – Welche Lebensmodelle gibt es?

Die Idealisten

Sich des eigenen Älterwerdens bewusstwerden und sich gezielt darauf einlassen – mit ein bisschen Kommunen-Stimmung. Gemeinschaftliche Wohnformen erfreuen sich (wieder) zunehmendem Interesse, ob genossenschaftlich organisiert oder in Form von privaten Initiativen aufgebaut. Die Idee sich in einer kleinen Gruppe zusammenzuschließen, um dann die Risiken des Älterwerdens abzusichern ist genauso alt, wie umsetzungskomplex. Es gibt inzwischen zahlreiche Bücher, Erfahrungsberichte und Studien – angefangen von einer Alters-WG unter Freunden bis hin zu genossenschaftlichen Großwohnprojekten, die einen tollen Überblick verschaffen. Grundidee hier – jeder Einzelne verkleinert sich und gibt persönliche Ressourcen auf, um in der Gemeinschaft davon zu profitieren. So kann sich die Gruppe Annehmlichkeiten leisten, die dem Einzelnen verwehrt geblieben wären und eine höhere Absicherung erzielen, sofern das Kollektiv hält.

Die Selbstbestimmten

Wem der Verbleib in der eigenen Häuslichkeit besonders wichtig ist, der sollte sich frühzeitig vom eigenen Haus trennen. Klingt wie ein Paradoxon, ist es aber nicht. Was definiert die eigene Häuslichkeit – ein Wohnort, an dem man sich wohlfühlt und zu Hause ist. Das muss nicht das Haus sein, es kann auch eine Service-Wohnung sein. Grundidee hier – Aufgabe der eigenen Immobilie und Einzug in ein Service-Wohnangebot, welches so barrierefrei gestaltet ist und über eine ausreichende Tiefe von Hilfs- und Unterstützungsangeboten verfügt, dass ein langfristiger Verbleib möglich bleibt. Die monatlichen Ausgaben erhöhen sich parallel zum erlebten Lebensstandard und es besteht die Möglichkeit, weitere Leistungen und Unterstützungsmöglichkeiten flexibel hinzu zubuchen.

Die Risikoabsichernden

Nach dem Ruhestand werden noch die ersten beiden runden Geburtstage im Familienhaus gefeiert, dann folgt ganz pragmatisch der Verkauf des Hauses und der Einzug in einen barrierefreien Bungalow mit guter ÖPNV-Anbindung oder der Umzug in eine barrierefreie Eigentumswohnung. Warum? Weil es rational sinnvoll ist. Der Platz wird nicht mehr gebraucht, die Einschränkungen nehmen zu – so werden alle Risiken ausbalanciert. Ein tolles Konzept, welches dann aufgeht, wenn das persönliche Netzwerk sehr intakt ist, man nicht einsam nach den Umzügen wird und sich keine größeren gesundheitlichen Krisen einstellen.

 

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Fazit: Warum Lebensqualität im Alter wichtiger ist als finanzielle Ängste

Jeder sollte für sich frühzeitig die Diskussion führen, welches der Modelle hier sinnvoll ist, bzw. passgenau und zurückkehrend auf die Ausgangsbotschaft – welches Leben im Alter man sich leisten möchte. Zurück zu unseren Potenzial-Millionären – ziehen Sie in eine Senioren-Residenz und zahlen dort gemeinsam knapp 4.000 € im Monat für eine barrierefreie 75 m² Wohnung inklusive Service-Paketen und Grundabsicherung des Pflegerisikos, dann könnten Sie dort aus Ihrem Vermögen knapp 330 Monate leben. Die rechnerischeren 27 Jahre (in denen das laufende Einkommen sich ja noch vergrößern würde), reicht, um selbst die optimistischste Lebenserwartung abzudecken und einen neuen Betrachtungswinkel aufzumachen.

Geht es wirklich immer nur darum, zu bewerten, wie man ein Risiko abfangen und das Horror-Szenario Pflege irgendwie finanzieren kann? Oder sollte der Blick darauf liegen, wie Sie Ihr Leben so gestalten können, dass es lebenswert ist und Ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht? Und es weiter an Qualität gewinnt, auch wenn körperliche Einschränkungen auftreten?

Denn eins ist recht deutlich: Leisten können Sie es sich, ganz objektiv & undeutsch betrachtet. Es muss es einem nur wert sein.

Kip Sloane

Kip Sloane ist ein wahrer Pflege-Branchenexperte. Seine Erfahrung sammelte er über zehn Jahre bei der Sozial-Holding – dem innovativen Träger der Altenhilfe – als Referent der Geschäftsführung und Controller, bei der in der Sozialwirtschaft renommierten Unternehmensberatung rosenbaum nagy, sowie im Rahmen seiner Beratertätigkeit.
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