Foodtrends 2025
Neuer Genuss & neue Gewohnheiten im Alter
Verfasst von Stephanie Hollaus
Essen ist weit mehr als das Stillen eines Hunger- oder Gewohnheitsgefühls – es ist Ausdruck von Kultur, Lifestyle und persönlicher Überzeugung und in ganz besonderem Maße auch ein Vehikel für Innovationen, die auf unserem Teller landen. Jedes Jahr entstehen neue Food Trends, die unsere Art zu genießen, zu kochen und einzukaufen, beeinflussen. Die Art und Weise, wie wir essen, ist folglich ein Spiegelbild unserer sich ständig verändernden Welt: von innovativen pflanzlichen Alternativen über nachhaltige Ernährungskonzepte bis hin zu technologischen Innovationen in der Lebensmittelindustrie – die Welt des Essens entwickelt sich rasant weiter. Doch welche Trends werden sich wirklich durchsetzen? Denn auch Zielgruppen und deren Essgewohnheiten verändern sich.
Hierzu lohnt sich zunächst ein Blick auf die Esskultur, welche das Gottlieb Duttweiler-Institut aus der Schweiz in den Mittelpunkt seiner Studie „Decoding Food Culture – Wie Innovationen zu Traditionen werden“ 2024 gestellt hat. Eine Esskultur wird geprägt durch Genuss (Geschmack/Aromen/Texturen), Gemeinschaft, Gesundheit (gesundheitliche Auswirkungen von Lebensmitteln mit daraus resultierendem körperlichem und geistigem Wohlbefinden), Kontrolle (Achtsamkeit/Riten/Diäten), Rituale und Verwurzelung, Rituale (Teatime/Fondue etc.) und Verwurzelung (Ernährungspraktiken von Sushi bis Räucherwurst – beeinflusst durch Geografie, Geschichte und Tradition).
Spricht man Deutsch, isst man abends meist zwischen 18 und 19 Uhr, spricht man französisch/italienisch, dann meist nach 19 Uhr; beliebte Ländergerichte in der DACH-Region sind u. a. Käse-Fondue und Kaiserschmarrn – die unbeliebtesten Austern, zumindest wenn man auf Teller deutschsprachiger Menschen blickt (45% Ablehnung).
Im Zeitverlauf haben sich die unterschiedlichsten Einflüsse technischer, umweltbedingter und sozialer Einflüsse auf die Essgewohnheiten ausgewirkt: von Fertiggerichten über Fast Food und Globalisierung, Snacking bis hin zu veganem Lebensstil, Lieferdiensten und Nachhaltigkeit mit Tierwohl. Zelebriert man gemeinsame Mahlzeiten oder betrachtet man Essen womöglich als abzuhakenden Faktor auf der persönlichen Tagesagenda?
Food-Trends signalisieren also einen Wandel in der äußeren Welt. In Unternehmen lösen sie, wie das Zukunftsinstitut in dessen „Food Report 2025“ herausgestellt hat, unterschiedliche Reaktionen aus – manche fühlen sich inspiriert, andere wiederum wollen sich bewusst jeglichem Trend-Essen widersetzen. Andererseits fordern ja auch die Essenden selbst gewisse Anpassungen im täglichen Speiseplan. Es geht um Altbewährtes und Neues – was aus der Vergangenheit will ich vielleicht mit in die Zukunft nehmen? Mit Blick auf Essensangebote im Bereich Senior Living: wird Toast Hawaii in Zukunft auch bestehen oder läuft Sushi diesem Traditionsgericht den Rang ab? Keine einfach zu beantwortende Frage: Das beliebteste Gericht bis heute in deutschen Kantinen ist beispielsweise die Currywurst, erfunden 1949 in Berlin. Die Currywurst überdauert also jegliche Transformation und schwappt in die nachkommenden Generationen.
Food Trends 2025
Und nun ein Ausschnitt auf die spannendsten Entwicklungen, die unsere Teller in den kommenden Jahren prägen werden:
- Clean Food
Verpflichtung zu ethischen Produktionsmethoden, Transparenz bei der Herkunft der Ausgangsprodukte und eine Wertschätzung für authentische kulinarische Erfahrungen - Vegetarisch/Veganer Lebensstil
Pflanzlich-orientierte, nachhaltige Esskultur - Renaissance des offenen Feuers
Fine Dining meets Grill (kulinarische Möglichkeiten mittels Smoker) - Lokale Innovationen
Saisonale Produkte mit Wiederentdeckung vergessener Ressourcen. Heute gibt es rund ums Jahr praktisch das gleiche Angebot. Damit ging zwar ein alter Menschheitstraum in Erfüllung, doch gleichzeitig sind auch die Folgen dieser Entwicklung nicht mehr zu übersehen. Als Reaktion darauf ist in den letzten Jahren die Wertschätzung für regionale Lebensmittel und Lebensmittelverarbeitung gestiegen. - Showgourmet
Dining als ganzheitliches Erlebnis mit Elementen aus der Welt des Theaters und der Kunst sowie der Wissenschaft, Technologie + Design, um ein sensorisches Erlebnis zu schaffen - Globale Aromen
Fusion regionaler Küchen, insbesondere von klassischen Gerichten, die für ein Land oder Region als typisch gelten, mit ungewöhnlichen Zutaten und Techniken aus anderen Regionen zusammenbringen = Erweiterung des Geschmackshorizontes - Essen als Medizin
Konzentration auf die Gesundheit des Stoffwechsels durch essenzielle Ernährung (GLP-1, Ballaststoffe, Probiotika usw.), gesundes Altern (Zunahme von Inhaltsstoffen für Langlebigkeit, die den Stoffwechsel/die Zellgesundheit und die Vitalität unterstützen und so den Menschen helfen, länger, gesünder und lebendiger zu leben) - Neue Techniken in 5+ Jahren
KI-gesteuerte Zutateninnovationen und personalisierte Ernährung, entgiftende Inhaltsstoffe wie Meeresalgen und Mariendistel werden die nächste Welle funktioneller Lebensmittel anführen, welche die Lebergesundheit und die Widerstandsfähigkeit unterstützen. Neue Zutaten und Prozess-Techniken werden dafür sorgen, dass Lebensmittel nicht nur nahrhaft, sondern auch sensorisch ansprechend und zugänglich sind und älteren Menschen, aber auch Menschen mit Dysphagie o. ä. gerecht werden.
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Die unterschiedlichsten Start-ups und Unternehmen setzen hierbei auf innovative Ideen und Produktvielfalt.
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Fleischersatz aus Pilzen: Myzel, das fadenförmige Wurzelgeflecht von Pilzen, ist reich an Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen und Umami.
Doppelte Nussausbeute durch Verarbeitung von Nüssen „In-Shell“: Bei dem patentierten Verfahren werden Nüsse ungeschält unter Beigabe von Wasser gemahlen, wodurch sich der Ertrag an Nussmehl, Nussmilch und Nussöl verdoppelt. Die wertvollen Ballaststoffe und Antioxidantien der Nussschalen bleiben erhalten, Food Loss wird praktisch eliminiert, sodass weniger Anbauflächen notwendig sind und der hohe Wasserverbrauch sinkt.
Plant-based-Boom im Food-Sektor: grundsätzlich werden die Technologien immer besser, die Wahl der Ausgangsprodukte vielfältiger und nachhaltiger. Textur, Konsistenz und Geschmack geraten den tierischen Originalen noch ähnlicher. Bemerkenswert ist hierbei die zunehmende Emanzipation pflanzlicher Ausgangsprodukte: Alternative Protein-Produkte der jüngeren Generation versuchen nicht mehr in erster Linie Fleisch und Milchprodukte geschmacklich zu substituieren. Vielmehr entstehen auf Basis pflanzlicher Ausgangsprodukte eigenständige neue Lebensmittel, die weder nach Ersatz schmecken noch Fleisch vermissen lassen. Pflanzendrinks etwa – ob aus Getreide, Nüssen oder Hülsenfrüchten – werden zu einer eigenen Kategorie, welche die Palette an Lebensmitteln erweitert, statt ausschließlich Milch zu ersetzen. Indem Unternehmen in ihren Kantinen und Restaurants eine gesunde und nachhaltige Ernährung fördern, können sie die Umweltbelastung reduzieren. Gleichzeitig zielt eine Speiseplanänderung auch darauf ab, die Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Menschen zu verbessern. Somit kann die Betriebsgastronomie durch einen gesundheitsförderlichen, ökologischen Kurs einen wichtigen Beitrag zu einem ganzheitlich „gesunden“ Unternehmen leisten.
Künstliche Intelligenz gegen Food Waste: Eine smarte Waage mit integrierter Kamera erfasst und analysiert weggeworfene Lebensmittel. Anhand von Mustern, die die künstliche Intelligenz erkennen lernt, werden Schwachstellen sichtbar gemacht und Speisepläne angepasst.
Food-Ideen und -innovationen sind also kaum Grenzen gesetzt. Bleibt die Frage, ob und welche Trends in den Bereich Senior Living mit Gemeinschaftsverpflegungskonzepten vordringen. Schließlich gilt auch hier die Maximierung der sensorischen Erlebnisqualität mit Integration in kreative (Premium)-Gerichte und der Generierung positiver Erlebnisse im sozialen Kontext.
Was aber ist das Verständnis von gutem Essen bei den neuen Alten?
Fakt ist: Zielgruppen ändern sich und demzufolge auch deren Essverhalten. Zwischen 2018 und 2023 ist in Deutschland der Anteil der Haushalte, in denen bewusst versucht wird, den Fleischkonsum zu reduzieren, von 37 Prozent auf über 47 Prozent gestiegen [REWE Group, 2023]. Neue Esstypologisierungen wie Flexitarier, Pescetarier etc. sind an der Tagesordnung.
Auch die FAZ hat am 11.12.2024 betitelt: „Was alles verschwindet, weil die Generation der Wiederaufbauer verschwindet und es keiner der Jüngeren mehr kennt/will“ (von Sauerkraut bis Schmalz) ⇾ Wandel der Deutschen Küche.
Fundament dieses Beitrags bilden Daten der GfK (mittlerweile YouGov) von Juli 2024, die zeigen, dass wir uns als Gesellschaft allmählich „von dem kulinarischen Erbe verabschieden, und zwar nicht nur aufgrund neuer Ernährungsgewohnheiten und -anforderungen, sondern leider auch, weil die Generation der ‚Wiederaufbauer‘ uns verlässt.“ Vor dem Hintergrund des Trends zur pflanzlichen Ernährung wird beispielsweise Schmalz weiter an Bedeutung verlieren. Ähnlich verhält es sich mit Sauerkraut: Wenn die Anbieter es nicht schaffen, gleichzeitig den Konsum von Sauerkraut wieder zu einem Genusserlebnis auch für nachfolgende Generationen zu machen, wird Sauerkraut zu einer Randkategorie. Die Liste an „potenziell wegsterbenden Lebensmitteln“ lässt sich beliebig verlängern: Eingemachtes und Fermentiertes (Gewürzgurken, Mixed Pickles …), Klassische Hausmannskost wie Sülze und Aspik, Leberwurst/Blutwurst und andere Wurstwaren, Eintöpfe wie Linsensuppe, Erbsensuppe, Steckrübeneintopf, Königsberger Klopse, Malzkaffee, Kräuterschnäpse, Likör und vieles mehr.
Es sei denn, es gelingt das, was die Currywurst geschafft hat. Auf jeden Fall muss das Sauerkraut für seine weitere Existenz ein weltoffeneres Flair ausstrahlen, nicht nur im Design der Verpackung, sondern auch in Rezepten von aufregenden Gerichten. Ähnliches gilt übrigens für den Rotkohl. Auch für den guten, alten Filterkaffee wird die Situation immer prekärer, wenn man Alternativen wie Latte Macchiato, Cappuccino mit Pistaziencreme o. ä. anbieten kann.
Während also einige Lebensmittel langsam von unseren Tellern verschwinden, prägen neue Trends die Zukunft – und zeigen: Essen bleibt ein Spiegel unserer Zeit – auch im Bereich Senior Living.